Der Maler der Rhön

Bereits in den 1930er Jahren schuf Kistler während vieler Wanderungen durch die Rhön zahlreiche Bilder dieser Landschaft und der dort lebenden Menschen, darunter 1938 das Aquarell >Landschaft der Vorrhön<. Es zeigt im Hintergrund die markanten Kuppen der südlichen Rhön und im Vordergrund einige Gebäude jenes Dorfes, das ihm mit seiner Umgebung und seinen Menschen schnell so sehr ans Herz gewachsen war, dass er es Zeit seines Lebens immer wieder aufsuchte.

Später nutzte er auch kurze Fronturlaube während des Krieges für solche Arbeiten und trotz aller Widrigkeiten der Nachkriegsjahre entstanden auch in jener Zeit viele weitere Zeichnungen und Aquarelle nach Motiven seiner Heimat. So wurde er bald für eine breite Öffentlichkeit zum weithin anerkannten Maler der Rhön. Jahrzehnte später sagte er im Rahmen einer Produktion des Bayerischen Rundfunks: „Es ist meine Lebensarbeit geworden ..... ich habe völlig aus dieser Landschaft gelebt“.

Der Journalist Ludwig Wiener, der den Werdegang des Künstlers lange Jahre verfolgte, schrieb: „In unserer Zeit und für unsere Zeit hat der Maler Heinz Kistler die Rhön portraitiert, immer und immer wieder. Und immer auch anders, weil er das stets Neue in Ihren Gesichtern sieht und es anderen sichtbar macht ..... Kistlers Verdienst ist es, das Bild der Rhön aus dem holzgeschnitzten, kunstgewerblichen Rahmen herausgelöst zu haben, in den es gutmeinende Miniaturmaler gesteckt haben.“

Die bildhafte Darstellung und Interpretation der Rhön, dieses markanten Mittelgebirges mitten in Deutschland – auch Land der offenen Fernen genannt –, dort, wo die drei Bundesländer Bayern, Hessen und Thüringen zusammentreffen, war sicher der Schwerpunkt in Kistlers Schaffen, das sich über nahezu acht Jahrzehnte erstreckte. Angesichts der Vielzahl der im Laufe dieser langen Zeit in jener Landschaft entstandenen Bilder fällt es ausgesprochen schwer, hier eine zwar kleine aber doch repräsentative Auswahl vorzustellen; es soll aber dennoch versucht werden. An den Anfang muß dabei die zurückhaltend aquarellierte naturalistisch detailreiche Federzeichnung >Garten Gottes< gestellt werden, 1945 als eines der ersten Bilder nach dem Krieg entstanden. Unter diesem Titel Garten Gottes erschien gut 45 Jahre später einer der vier großen Bildbände, die über Kistlers Werk herausgegeben wurden.

Das Bild >Rhönherbst< aus dem Jahr 1957 fand damals Eingang in eine der großen öffentlichen Sammlungen. 1963 gelang ihm das stimmungsvolle Aquarell >Vor Sonnenuntergang< . >Herbstmorgen in der Rhön< entstand 1964. 1979 schuf er dann eine die winterlich-düstere Stimmung so eindringlich wiedergebende Gouache >Kalter Wintertag< und den >Vorfrühling in der Südlichen Rhön< , ebenfalls eine Gouache. Ein anderes der vielen weiteren aussagekräftigen Werke ist das Bild >Über den Herbstnebeln< aus 1988.

In dieser Landschaft, mit der sich der Maler so intensiv beschäftigte, erlag er natürlich auch bald ganz besonders der Faszination des Vulkanismus, dieser Urgewalt der Erdgeschichte, aus der die Rhön im Tertiär geboren wurde. Die Gouache >Monolith der Urrhön< von 1994 ist eines jener Bilder, in denen er die heute noch sichtbaren Ergebnisse jenes Geschehens verarbeitete.

Motive fand er aber nicht nur in der freien Landschaft, sondern auch in den in sie eingebetteten Gehöften und Dörfern. Besonders eindrucksvoll zeigen dies das Aquarell >Rhönwintertag< aus 1969 und die Gouache >Bergdorfwinter< aus 1979.

Etliche Bilder zeigen auch nur markante Details, die das Auge des Malers in der Landschaft entdeckte. So entstanden z. B. die Aquarelle >Herbstbirken< in 1965 und >Winterimpression< in 1975 oder auch die Gouache >Winterwaldsee< in 1985.